So will jeder heute sein: authentisch! Wenn aber dieses große Wort »Authentizität« nicht nur eines der Plastikwörter unserer Zeit sein soll, das scheinbar viel aussagt, aber wenig bedeutet, dann geht das nur, wenn Authentizität mehr heißt als: Lebe, was Dir wichtig ist, sei du selbst und bleibt Dir treu. »Das Unmittelbare«, schreibt Petra Bahr, »das Echte muss nicht gut sein, es kann abgrundtief böse sein.« Authentisch sein geht deshalb nie, ohne den Widerspruch zuzulassen und sich selbst zu hinterfragen. Das wäre sonst nicht authentisch, sondern egozentrisch. Authentizität braucht ein Gegenüber, an dem es sich messen lassen kann und durch das es korrigiert wird. Keiner kann einfach jederzeit authentisch sein, also unmittelbar das tun, sagen und leben, was er oder sie gerade fühlt. Das führt zum Zerbrechen. Wer liebt, steckt auch zurück, macht Paulus in der Bibel deutlich. Er schreibt: »Die Liebe ist geduldig, die Liebe ist freundlich. Sie kennt keinen Neid, sie spielt sich nicht auf, sie ist nicht eingebildet. Sie verhält sich nicht taktlos, sie sucht nicht den eigenen Vorteil, sie verliert nicht die Beherrschung, sie trägt keinem etwas nach. Sie freut sich nicht, wenn Unrecht geschieht, aber wo die Wahrheit siegt, freut sie sich mit. Alles erträgt sie, in jeder Lage glaubt sie, immer hofft sie, allem hält sie stand. Die Liebe vergeht niemals.«

Solch eine Liebe macht authentisch.

Siemen van Freeden

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